XCTL-Steuerprogramm

Teil: Topographie-Gesamtvorgang

Autor:           U.Sacklowski
Dokumentversion: v2.2 (6.Nov.2002)
Änderungen zu v2.1:
       - geringfügige Überarbeitung von Punkt 1
       - Umfangreiche Überarbeitung von Punkt 2.A (vormals 2.1)



Inhalt:

1   Einleitung: Fachlicher Hintergrund, Ziel und Grobablauf des Topographie-Gesamtvorganges
2   Feinablauf des Topographie-Gesamtvorganges
2.A   Verbale Beschreibung
        (eine weitere Untergliederung erfolgt dort)
2.B   Beschreibung in Pseudokode

 

1  Einleitung: Fachlicher Hintergrund, Ziel und Grobablauf des Topographie-Gesamtvorganges

(Einen Überblick  über die physikalischen und technischen Grundlagen finden Sie in dem Dokument 'Der Anwendungsbereich' (https://www.informatik.hu-berlin.de/swt/lehre/PROJEKT98y/uebersicht/anwendungsbereich.htm))

Das Ziel der Topographie besteht in der Erfassung der Kristall-Realstruktur einer Meßprobe  auf einer Fotoplatte, einem Film oder einem 2D-Detektor. Das erfaßte Kristall-Raumsegment hat eine Fläche von etwa 10 mm x 10 mm und eine Tiefe von max. 20 Mikrometern. Dies entspricht etwa 100 000 Kristall-Netzebenen. (Die Eindringtiefe hängt vom Einfallswinkel ab, - je steiler, desto tiefer.)

Meßprinzip der Topographie, - hierbei bezugnehmend auf Abb.1:

Ein (idealer) Kollimatorkristall erzeugt aus dem von der Röntgenröhre ausgehenden schmalen Strahlenbündel durch Braggreflexion ein breit aufgefächertes nahezu paralleles Strahlenbündel. Dieses trifft in einem bestimmten Winkel nahezu monochromatisch (+ Rauschen) auf die Meßprobe. Von ihr erhält man ebenfalls durch Bragg-Reflexion ein Abbild, wenn lokal für jeden Punkt der Probe die Bragg-Bedingung erfüllt ist. Der Erfassung des Abbildes dient eine Fotoplatte, ein Film oder ein 2D-Detektor, die/der in den reflektierten Strahl gebracht wird.  Abweichungen von der Idealstruktur führen zu Abweichungen von der Bragg-Bedingung und damit zu einer strukturierten Abbildung, die der Realstruktur der Probe entspricht.
Beispiel: rechtes Bild aus Abb. 2.

Abb. 1: Schema der Zwei-Kristall-Topographiekamera


 Abb. 2: Zwei Abbildungen einer Realstruktur einer gekrümmten Probe
           links: ebener Kollimator
           rechts: Kollimator mit gleicher Krümmung wie die der Probe

Beide Bilder stammen von der gleichen Probe in der gleichen Lage, trotzdem links reduziert auf einen Streifen und rechts weit aufgefächert. Der Grund liegt in einer leichten Krümmung der Probe, und somit der Erfüllung der Bragg-Bedingung in nur einem schmalen Bereich. Dieses Phänomen kann man durch eine nachfolgende Krümmung des Kollimators mit dem gleichen Krümmungsradius, wie dem der Probe, beheben (siehe Abb. 3.). Ist die Probe jedoch so stark oder auch unregelmässig gekrümmt, daß dies durch eine Kollimatorkrümmung nicht mehr ausgleichbar ist, wird die Probe bei maximaler Kollimatorkrümmung bzw. ungekrümmtem Kollimator nach der ersten Messung (Belichtung), ein Stück gedreht, hier zum zweiten mal belichtet, u.s.w. (Mehrfachbelichtung).


Abb. 3: Zweikristall-Topographie: Anpassung des Kollimators an die Probe

Die Belichtungszeit für eine Probenstellung kann viele Stunden bis Tage betragen. Bei Mehrfachbelichtung verlängert sie sich entsprechend um die Anzahl der Belichtungen. Während dieser Zeit kann die Meßanlage durch thermische Einflüsse geringfügig deformiert werden, was zur Abweichung von der Bragg-Bedingung, bzw. von den Bedingungen am eingangs eingestellten Arbeitspunkt (s.u.), führt. Aus diesem Grund wird durch einen Kontrolldetektor  (siehe Abb. 1) ständig die von der Probe reflektierte Stahlung gemessen. Bei Abweichungen über einen vorgegebenen Intensitätsbereich hinaus wird die Stellung der Probe nachreguliert. Eine Regulierung erfolgt über den Proben-Motor 'Beugung fein' (siehe Abb. 5). Dort sind auch noch weitere Proben-Motoren angeführt, die bei einer einleitenden Justage der Probe zum Einsatz kommen (Pkt. 2.A-2).

Um diesen Kontroll- und Regelmechanismus empfindlich zu gestalten, wird die Probe nicht auf den Bragg-Reflex eingestellt, sondern auf einen Punkt, genannt Arbeitspunkt, auf einer Flanke der Rocking-Kurve (siehe Abb. 4). Dies hat gegenüber dem Pik den Vorteil, daß kleinste Orientierungsabweichungen zu starken Änderungen der Intensität des reflektierten Röntgenlichtes führen und damit sehr sensibel durch den Kontrolldetektor nachweisbar sind. Dies geht allerdings auf Kosten der Belichtungszeit, die am Bragg-Reflex am kürzesten wäre.

Im allgemeinen wird die linke Flanke gewählt, weil diese steiler als die rechte ist und damit Abweichungen in der Meßplatzanordnung noch schneller nachweisbar sind.


Abb. 4: Rockingkurve
 

Abb. 5: Freiheitsgrade der Probe bei der Topographie

Der Gesamtvorgang der Topographie setzt sich aus zahlreichen Teilvorgängen zusammen, die am Meßplatz zu erledigen sind.


Hierzu zählen:

Die Gesamtabfolge wird im nachfolgenden Punkt beschrieben.

Abschließend als Ergänzung zum Schema eines Zwei-Kristall-Topographiemeßplatzes (Abb. 1) eine Fotografie eines solchen Meßplatzes.

Abb. 6:  Fotografie eines Zwei-Kristall-Topographiemeßplatzes (Höhe etwa 1m)
 

2  Feinablauf des Topographie-Gesamtvorganges

Hinweis: Struktur und Inhalt der nachfolgenden Dokumentation des Gesamtvorganges folgen den allgemeinen Vorgaben aus: > Projekt-Management > Vorgaben > Hinweise zu den Entwicklerdokumenten > Analyse und Definition (https://www.informatik.hu-berlin.de/swt/lehre/PROJEKT98y/management/restricted/hinweise_entwicklerdoku/Analyse_Definition_v1.0.html)

In diesem Dokument werden

2.A Verbale Beschreibung

Die im Pkt. 1 genannten Teilvorgänge werden hier verfeinert und beschrieben.

Für die Topographie ergibt sich folgender Gesamtvorgang:

1   Erfassung allgemeiner Angaben zum Meßvorgang
1.1   Handschriftliche Einträge in das Protokollbuch (Manuelle Aufgabe)
1.2   Allgemeine Einstellungen zum Meßvorgang erfassen (Dialog-Aufgabe)
2  Manuelle Justage
2.1   Überblick
2.2   Platzierung der Probe auf dem Probenteller und Vorabjustage des Meßplatzes (Manuelle und Dialog-Aufgabe)
2.3   Grobjustage der Probe für Azimutal und Beugung grob (Dialog-Aufgabe)
2.4   Feinjustage der Probe
2.4.1   Feinjustage für Kollimator, Tilt und Beugung fein (Dialog-Aufgabe)
2.4.1.1   Feinjustage für Kollimator, Tilt und Beugung fein mittels manueller Justage
2.4.1.2   Feinjustage für Kollimator, Tilt und Beugung fein mittels automatischer Justage
2.4.2   Abnormale Probenverformung
2.4.2.1   Ermittlung abnormaler Probenverformung (Manuelle und Dialog-Aufgabe)
2.4.2.2   Einstellung auf das erste Belichtungssegment (Dialog-Aufgabe)
3  Topographie (Dialog-Aufgabe)
3.1   Parameter einstellen
3.2   Anfahren des Arbeitspunktes
3.3   Start und Kontrolle
4  Abschließende Einträge in das Protokollbuch (Manuelle Aufgabe)
5  Auswertung der Aufnahme (Manuelle Aufgabe)

1  Erfassung allgemeiner Angaben zum Meßvorgang

Zu jedem Meßvorgang sind zu Beginn des Gesamtvorganges, teilweise aber auch während und am Ende, allgemeine Angaben zu erfassen . Hierzu gehören bspw. eine Lageskizze der Probe auf dem Probenteller, die gesamte Belichtungszeit des Aufnahmemediums während der Topographiemessung und physikalische Parameter zur Probe, wie z.B. zum verwendeten Röntgenlicht (Wellenlänge) und zur zu untersuchenden Netzebene der Probe, - letztere Angaben stehen auf einem der Probe beiliegenden Begleitzettel.

1.1 Handschriftliche Einträge in das Protokollbuch (Manuelle Aufgabe)

In einem Protokollbuch erfolgen handschriftlich insgesamt 18 Eintragungen, die meisten von ihnen vor der Messung, wenige jedoch auch danach.  Dazu zählen eine Lageskizze der Probe auf dem Probenteller, die Zählrate am Pik zu Beginn der Messung, die Lage und der Wert des Arbeitspunktes und die gesamte Belichtungszeit. Einen Gesamtüberblick über die Einträge im Protokollbuch zu einem Topographie-Meßvorgang zeigt die nachfolgende Tabelle.
 
Bezeichnung_________ Beispiele_ Ma"s-
einheit
Datentyp Bemerkungen___________________
lfd. Nr. C3335 . string(5)  Versuchsnummer
Datum 22.7.
4.10.99
. date Versuchsdatum
Probe (Mat./Nr.)
     Probe:

     Material:

     Nr.: 
 


TU
Bridgman
GaAs

40
B37/87 II/41

.
string(?)

string(?)

string(?)


Bezeichnung, wird mitgeliefert

Materialbezeichnung , wird mitgeliefert
Proben-Nr., wird  mitgeliefert

Aufnahmesituation:
     Lageskizze: 
 

     Reflex:

     Einfallswinkel: 


 
 

531
-43-1
E. 24 Grad


 
 
 
 

Grad


 
 

3 x:
+/-int.(1)
integer(3)

zur Probe:
Skizze mit Orientierung der Probe auf dem Me"stisch. Ang. in Grad, Min., Sek.
Reflexionsebene in der Probe, Angabe
mittels Gittervektoren
Winkel zwischen einfallendem Strahl u. Probenebene
Kollimator:
     Material:
     Reflex:

     Nr.:
     Kr"ummung


Si
440

94
40 
-53


 
 
 

Mikro-
Meter


string(?)
3 x:
+/- int.(1)
integer(3)
integer(3)
Reflexionebene im Kollimator,
Angabe mittels Gittervektoren
entnommen der Koll.-Beschriftung
Koll.-Kr"ummung
R"ohre:
     kV:
     mA:
     RTK-Nr.:

40
25
4

kV
mA

integer(3)
integer(3)
integer(2)
R"ontgenr"ohre: 
Spannung und 
Strom
Nr. der R"ohre
Imp/s Max 40T
130T
40/30 3F ?
Tausend integer(3)

???

Impulse/s bei Me"sungsbeginn am Pik
HWB 15"
6"
arcsec integer(2) Halbwertsbreite Rockingkurve
Aufnahmematerial L4 . string(2) ? Fotoplatte-, Film-Bezeichnung
Abstand 15
25
mm integer(2) Abstand: Aufnahmemat. - Probe
???:
     ST.E.
     CR.T.
     SM.INC.DF

100
?
?

%

integer(3)?

Statistical Error
?
Smallest incremental DF (kleinste 
Schrittweite Beugung fein)
NB. EXPOS. 1
4
. integer(1) Number Exposure (Belichtungen)
A.B.E.
R.S.A.
?
?
arcsec
arcsec
integer(?)
integer(?)
Angle between Exposure
? Start Angle
CON. LIMIT 5 % integer(1) Control Limit, proz. Abweichung, bei der Belichtungsregelung einsetzt
CON. POINT -60
50
% integer(2) Control Point (Arbeitspunkt)
EXP. T. 5
110
h integer(3) Exposure Time Belichtungs-Zeit)
Regelung:
     Imp/s
 

     DF vor/nach


140
550 (40/25) ?
-244/-237

Imp/s
 

arcsec ?


integer(4)
 

2x:
+/- int.(3)


Impulse/sec bei Me"sungsbeginn
 

Beugung fein (DF) bei Beginn und
Ende der Messung

Bemerkung Fehlschnitt
300arcsec/
90 arcsec
. string(?) allgemeine Bemerkungen

Tabelle: Eintragungen im Protokollbuch zu einem Topographie-Meßvorgang

Erklärungen zu den Bezeichnungen:

Reflex:     Reflexionsebene im Kristall
ST.E.:     Statistical Error
CR.T.:     ?
SM.INC.DF:     Smallest Incremental DF (kleinste Schrittweite DF)
NB.EXPOS.:     Number Exposition (Zahl der Belichtungen)
A.B.E.:     Angle Between Exposition
R.S.A.:     ? Start Angle
CON.POINT:     Control Point (Arbeitspunkt)
EXP.T.:     Exposure Time (Belichtungszeit)
Imp/s:     Impulse/s (Impulszahl bei Messungsbeginn)

1.2 Allgemeine Einstellungen zum Meßvorgang erfassen (Dialog-Aufgabe)

Nach dem Start des XCTL-Programms werden einige Angaben vom XCTL-Programm über die Dialogbox 'Allgemeine Einstellungen' abverlangt (Abb.7). Diese dienen  der Information während der Topographiemessung. Hier werden sie z.B. während der Messung im unteren Fensterrahmen des Hauptfensters angezeigt (Name der Probe, Untersuchter Reflex).
 

Abb. 7: Dialogbox 'Allgemeine Einstellungen'

Eine Beschreibung dieser Dialogbox erfolgt in dem Entwicklerdokument 'Allgemeine Einstellungen zum Meßvorgang'
https://www.informatik.hu-berlin.de/swt/lehre/PROJEKT98y/entwicklerdoku/entwicklertabelle/allgeinstellungen/Allg_Einst_z_Messv_v1.0.html

.
2  Manuelle Justage
2.1 Überblick

Die manuelle Justage teilt sich in drei aufeinander folgende Abschnitte: Vorab-, Grob- und Fein-Justage. Schematisch zeigt dies Abb. 8. Beschrieben wird dies in den Punkten 2A-2.2 bis 2A-2.4.

Die Schwierigkeit der Justage der Meßprobe liegt darin, daß die Probe frei im Raum gedreht werden muß, um den Braggreflex optimal einzustellen. Hinzu kommt die Einstellung für die Krümmung des Kollimators. Da so gut wie jede Probe eine leichte Krümmung aufweist, kommt man um diese Einstellung nicht umhin. Damit hat man 4 Freiheitsgrade, die korrekt eingestellt werden müssen.

Abb. 8: Die drei Justagephasen innerhalb der Manuellen Justage
            (Entnommen der Diplomarbeit von D. Hepp und S. Freund; leicht modifiziert)
            
Bemerkung: Unklar ist die Aussage: (keine Verbesserung -> CC fest) innerhalb
            der Feinjustage. Sie wird im weiteren nicht beachtet (U. Sacklowski).
            AR: azimutale Rotation                   DC: Beugung grob (diffraction angle coarse)
            CC: Kollimator (collimator)            DF: Beugung fein (diffraction angle fine)
            TL: Verkippung (tilt)

 

2.2 Platzierung der Probe auf dem Probenteller und Vorabjustage des Meßplatzes (Manuelle und Dialog-Aufgabe)

Zu Beginn wird die Probe auf den Probenteller gelegt. Für ihre Lage auf dem Teller (Proben-Drehung) werden die mit der Probe auf einem Begleitzettel gelieferten Angaben benutzt (Manuelle Aufgabe).

Anschließend wird der Detektor gegen die Probe justiert. Dabei ergibt sich die Zielposition aus zwei Größen:

  1. Der Ebene: Sie wird durch den Röntgenstrahl zwischen Kollimator, Probe und dem an der Probe reflektierten Röntgenstrahl aufgespannt (Röntgenstrahl-Ebene).
  2. Dem Winkel innerhalb der Ebene: Dieser wird gegenüber der Probe manuell berechnet. (Er ergibt sich aus der verwendeten Röntgenwellenlänge, der zu untersuchenden Kristall-Netzebene und der Gitterkonstanten, - alles zu entnehmen dem Begleitzettel.)

Mit diesen beiden Größen wird der Detektor manuell in die richtige Stellung gebracht.

Danach erfolgt eine Einstellung der Winkel Tilt und Beugung.
Zuerst wird Tilt mittels der Dialogbox 'Manuelle Justage' in die Nullstellung gefahren (siehe Abb. 9; Dialogaufgabe; https://www.informatik.hu-berlin.de/swt/lehre/PROJEKT98y/entwicklerdoku/entwicklertabelle/manujustage/Manuelle_Justage.v2.2.html)

In der Nullstellung steht die Tilt-Ebene des Probentellers senkrecht auf der Röntgenstrahl-Ebene.


Abb. 9: Dialogbox 'Manuelle Justage'

Anschließend erfolgt die Einstellung des Beugungswinkels manuell mittels zweier Stellrädchen (siehe Abb. 10, Stellrädchen für Grobjustierung). Hierzu werden zuvor:

Abb. 10:  Fotografie des Probentellerbereiches

Abb. 11: Dialogbox 'Zähler-Konfiguration'

Abb. 12: Zählerfenster mit pop-up - Menü

Dann wird der gesamte Probenteller manuell mittels der Stellrädchen in eine solche Stellung gebracht, daß der Detektor etwa eine maximale Impulsrate anzeigt. Hierfür wird oft auch die akustische Detektorausgabe benutzt und das Maximum dann an Hand der Lautstärke ermittelt (Manuelle Aufgabe).
Damit ist eine Vorabjustierung der Probe bis auf ca. 2-3 Grad genau vorgenommen worden.

2.3 Grobjustage der Probe für Azimutal und Beugung grob (Dialog-Aufgabe)

Unter Zuhilfenahme des 'Zählerfensters' und der 'Manuellen Justage' (Abb. 12 und 9) wird die Probe unter Verwendung der Motoren Azimutal und Beugung grob so justiert, daß der Detektor eine maximale Impulsrate zählt. Dies erfolgt in drei Schritten:

a) Beugung grob auf den Braggreflex stellen
Mittels der 'Manuellen Justage' wird für Beugung grob die Stellungstellung mit maximaler Zählrate angefahren.

b) Azimutal justieren
Bei der Drehung der Probe um Azimutal zeigen sich in der reflektierten Röntgenstrahlung zwei dicht beieinander liegende Maxima (Sattelkurve). Ziel der Justage ist die Einstellung auf das Tal dieser Kurve.
Ablauf: Aufsuchen eines Maximums mittels der 'Manuellen Justage'. Setzen der relativen Null. Aufsuchen des zweiten Maximums und anschließend auf die Hälfte des angezeigten Azimutal-Winkels zurück fahren.

c) Beugung grob auf den Braggreflex stellen
Nachstellen von Beugung grob auf max. Detektorzählrate (etwa +/- 1 Grad). Ablauf wie im Pkt. a.

Damit ist die Justage hinsichtlich dieser beiden Motoren beendet.

2.4 Feinjustage der Probe

2.4.1 Feinjustage für Kollimator, Tilt und Beugung fein (Dialog-Aufgabe)

Die Feinjustage ist manuell (Pkt. 2A-2.4.1.1) oder automatisch (Pkt. 2A-2.4.1.2) möglich.

Das Hauptproblem der Feinjustage, was sie schließlich auch sehr aufwendig macht, liegt darin begründet, daß die Lage des Braggreflexes bzgl. der einzustellenden Kristall-Netzebene wechselseitig abhängig von allen drei Freiheitsgraden ist (Kollimator, Tilt und Beugung fein). Bsp.: Stellt man Tilt auf maximale Detektorzählrate, verstellt anschließend etwas Beugung fein, so befindet sich Tilt nun nicht mehr am Punkt der maximalen Detektorzählrate, - es muß wiederum nachgestellt werden usw. Daraus resultiert ein aufwendiger, iterativer Justageprozeß.


2.4.1.1 Feinjustage für Kollimator, Tilt und Beugung fein mittels manueller Justage

Nach einer anfänglichen Einstellung von 'Beugung fein' auf einen maximalen Detektorwert werden in einem iterativen Prozeß die drei Motoren für den Kollimator, Tilt und Beugung fein mittels der Dialogbox 'Manuelle Justage' so eingestellt, daß der Detektor jeweils eine maximale Impulsrate zählt. Da man nicht (bzw. nur schwer) sagen kann, ob sich die Probe jetzt am Punkt des Braggreflexes hinsichtlich der zu untersuchenden Kristall-Netzebene befindet, wählt man als Abbruchbedingung die Halbwertsbreite. Ihr Minimalwert ist eine Erfahrungsgröße. Ist sie nach mehreren Iterationsschritten erreicht, ist die Feinjustage beendet.

Ablauffolge:

a) Beugung fein auf den Braggreflex stellen
Mittels der 'Manuellen Justage' wird für Beugung fein die Stellung mit maximaler Zählrate im Detektorfenster angefahren.

b) Iterative Einstellung von Kollimator, Tilt und Beigung fein
Insgesamt werden 20 - 100 Iterationen durchlaufen, was etwa 30 Minuten dauert. Dabei teilt sich jeder Iterationsschritt in zwei Teilschritte: Abgleich Kollimator und Beugung fein und Abgleich Tilt und Beugung fein. Die Abbruchbedingung für die Iteration ist, wie zuvor beschrieben, die gemessene Halbwertsbreite (über Dialogbox 'Manuelle Justage'). Ist man der Meinung, daß die Feinjustage langsam beendet ist, schließt man nun jeden Iterationschritt mit dem Messen der Halbwertsbreite ab. Entspricht sie dem Erfahrungswert, ist die Feinjustage abgeschlossen.
Der Gesamtvorgang wird normalerweise fortgesetzt mit Pkt. 2A-3. Stellte sich heraus, daß die Probe zu stark oder unregelmäßig (Wellblech) gekrümmt ist, wird fortgesetzt mit  Pkt. 2A-2.4.2.

b1) Abgleich Kollimator und Beugung fein
Hintergrund: Die Krümmung des Kollimators ist nur dann erforderlich, wenn die Probe gekrümmt ist. In diesem Fall wird die Kollimatorkrümmung der Probenkrümmung angepaßt, mit dem Ergebnis, daß für die gesamte Probe die Bragg-Bedingung gilt. Damit weitet sich das Ergebnisfoto von der Topograhie von einem schmalen Strich zur vollen Breite auf (siehe Abb. 2).
Ablauf:
Zuerst wird der Antrieb 'Beugung fein' auf einen maximalen Detektorwert gefahren. Hat man dies erreicht, wird auf den Antrieb 'Kollimator' gewechselt. Nun wird der Kollimator so verstellt (gekrümmt), daß man wiederum eine Steigerung der Strahlungsintensität erreicht. Danach stellt man mit dem Antrieb 'Beugung fein' nach.
Genauso wie beim Kollimator geht man mit dem Freiheitsgrad Tilt vor.

b1) Abgleich Tilt und Beugung fein
Der Antrieb Tilt wird ausgewählt und dann so verstellt, daß die Strahlungsintensität wieder maximal ist. Mit 'Beugung fein' regelt man dann wieder nach.

2.4.1.2 Feinjustage für Kollimator, Tilt und Beugung fein mittels automatischer Justage

Derrick Hepp und Sebastian Freund haben im Rahmen ihrer Diplomarbeit die Feinjustage automatisiert. Voraussetzung hierfür ist neben der Grobjustage (Pkt. 2A-2.3) eine möglichst genaue Einstellung des Kollimators.
Ihre Diplomarbeit: Vom Reverse Engineering zur Programmerweiterung: Automatische Justage für ein Röntgentopogrophie-Steuerprogramm, Mai 2001 (pdf-Format; 4,4MB)

Der Gesamtvorgang wird normalerweise fortgesetzt mit Pkt. 2A-3. Stellte sich heraus, daß die Probe zu stark oder unregelmäßig (Wellblech) gekrümmt ist, wird fortgesetzt mit  Pkt. 2A-2.4.2.

2.4.2 Abnormale Probenverformung

Bei 90% aller Proben führen die Aktivitäten obiger Feinjustage zum Erfolg. Damit geht es weiter mit Pkt. 2A-5.
Bei dem Rest der Proben liegt eine abnormale Probenverformung vor, d.h., die Probe ist nicht regelmäßig oder auch zu stark gekrümmt (stärker als die max. Kollimatorkrümmung). In diesem Fall ist die Segmentstruktur der abnormale Probenkrümmung zu ermitteln und die Probe anschließend auf das am weitesten links oder rechts liegende Segment einzustellen.

2.4.2.1 Ermittlung abnormaler Probenverformung (Manuelle und Dialog-Aufgabe)

Zwei Deformationsformen sind zu unterscheiden:
a) Probe ist gleichmäßig, aber stärker als die maximale Kollimatorkrümmumg gekrümmt. Maßnahme: Kollimator wird in gleicher Richtung wie die Probe maximal gekrümmt und die Probe wird segmentweise (jeweils für mehrere Stunden) belichtet.
b) Probe ist unregelmäßig gekrümmt (Wellblech). Maßnahme: Kollimator wird eben gestellt und die Probe wird segmentweise (jeweils für mehrere Stunden) belichtet.

Zur Feststellung einer übermäßigen oder unregelmäßigen Verformung der Probe wird von dieser in unterschiedlichen Stellungen (Beugung fein) ein Bild gefertigt. Im allgemeinen genügen drei Stellungen. Als Aufnahmemedium wird ein hoch empfindlicher, aber nur gering auflösender Film verwendet. Eine Belichtungszeit von wenigen (3 - 5) Minuten ist ausreichend.
Nach der Entwicklung des Filmes (Manuelle Aufgabe) zeigt sich auf einer solchen Aufnahme bei übermäßiger oder unregelmäßiger Probenkrümmung normalerweise ein schmaler und gekrümmter heller Streifen. Durch Verstellen von Beugung fein und erneuter Aufnahme ist zu erreichen, das der jetzige Streifen dicht neben den ursprünglichen gelangt.
Ist dies der Fall, hat man die Beugung fein - Schrittweite zwischen den Segmenten und auch ihre Anzahl  für die Mehrfachbelegung ermittelt.

Da das Filmmaterial nicht mehr erhältlich ist, wird statt dessen zunehmend ein gering auflösender 2-dimensionaler CCD-Detektor verwendet. Er wird mit seinem Monitor off-line betrieben, der die Impulsrate für jede CCD-Position anzeigt. Die Abbildung erfolgt statt auf dem Film nun auf dem Monitor. Der sonstige Ablauf ist der Gleiche.

Hilfsmittel bei der Ermittlung der abnormalen Probenstruktur sind das 'Zählerfenster' und die Dialogbox 'Manuelle Justage'.

2.4.2.2 Einstellung auf das erste Belichtungssegment (Dialog-Aufgabe)

Nach der Ermittlung der Segmentstruktur (Anzahl und Abstand der Segmente) wird die Probe auf den Bragg-Reflex des am weitesten links oder rechts liegenden Segmentes eingestellt.

Hilfsmittel bei der Einstellung sind das 'Zählerfenster' und die Dialogbox 'Manuelle Justage' (Abb. 12 und 9)'.

 

3  Topographie (Dialog-Aufgabe)
3.1 Parameter einstellen

Alle für die Durchführung der Topographie erforderlichen Parameter werden über die Dialogbox 'Einstellungen Topographie' eingegeben (nachfolgende Abbildung).


Abb. 13: Dialogbox 'Einstellungen Topographie' 

Sie betreffen

Eine detaillierte Beschreibung erfolgt im Pflichtenheft-Punkt: Einstellen der Parameter für die Topographie (https://www.informatik.hu-berlin.de/swt/lehre/PROJEKT98y/entwicklerdoku/entwicklertabelle/topographie/Topo_Einstell/Topo_Einstell_v3.0.html)


3.2 Anfahren des Arbeitspunktes

(Dieser Punkt ist wahrscheinlich nicht für abnorm verformte Proben relevant.)

Nachfolgende Einstellung der Probe auf einen Bruchteil der Maximalintensität. Hierzu wählt man oft  60% von der reflektierten Maximalintensität auf der linken Flanke der Rockingkurve (genau genommen: 60% bezogen auf die Differenz zwischen Kurvenpik und dem unteren Niveau der Kurve). Hier verläuft die Kurve sehr steil und es ist damit relativ leicht, programmtechnisch diesen Punkt  über die gesamte Meßzeit hinweg konstant zu halten. (60% ist nur ein Richtwert. Darüber hinaus wird vereinzelt auch die rechte Flanke benutzt.)

Das XCTL-Programm bietet für das Anfahren zwei Funktionen:

Der Arbeitspunkt ist der Ausgangspunkt für die Topographiemessung.

3.3 Start und Kontrolle

Dem Start, der Kontrolle sowie einiger zusätzlicher Funktionen dient die Dialogbox 'Topographie'.

Abb. 14: Dialogbox 'Start und Kontrolle der Topographie'

Im Einzelnen betrifft dies:

Eine detaillierte Beschreibung erfolgt im Pflichtenheft-Punkt: Start und Kontrolle der Topographie (https://www.informatik.hu-berlin.de/swt/lehre/PROJEKT98y/entwicklerdoku/entwicklertabelle/topographie/Topo_Start_Kontr/Topo_Start_Kontrolle_v3.0.html)
 

4  Abschließende Einträge in das Protokollbuch (Manuelle Aufgabe)

Abschließend erfolgen Einträge in das Protokollbuch. Hierzu zählt bspw. die reale Belichtungszeit.

5  Auswertung der Aufnahme (Manuelle Aufgabe)

Abschließend ist die Aufnahme zu entwickeln und auszuwerten.
 

2.B Beschreibung in Pseudocode

Dieser Punkt entspricht dem Stand von Version 2.1.
Die Teilvorgänge im verbalen Teil (Pkt. 2.1, Version 2.1) bilden hier einzelne und gleichlautende Abschnitte.

Topographie_Gesamtvorgang   seq

     Erfassung_allgemeiner_Angaben_zum_Meßvorgang seq
          Handschriftliche_Einträge_in_einem_Protokollbuch (MA)
          Allgemeine_Einstellungen_zum_Meßvorgang (DA)
          /* DB: Allgemeine Einstellungen */
     Erfassung_allgemeiner_Angaben_zum_Meßvorgang end

     Platzierung_der_Probe_auf_dem_Probenteller_und_Vorabjustage seq
          Platzierung_der_Probe_auf_dem_Probenteller_und_Vorabjustage (MA) ||
          Zähler_anzeigen (DA)
          /* DF: Zähler */
     Platzierung_der_Probe_auf_dem_Probenteller_und_Vorabjustage end

     Grobjustage_der_Probe_für_Azimutal_und_Beugung_grob   seq
          Manuelle_Justage für Azimutal und Beugung grob (DA) ||
          Zähler_anzeigen (DA)
           /* DB: Manuelle Justage ;   DF: Zähler */
     Grobjustage_der_Probe_für_Azimutal_und_Beugung_grob end

     Feinjustage_der_Probe_für_Kollimator_Tilt und_Beugung_fein
          select   manuelle_Justage
            Manuelle Justage für Kollimator Tilt und Beugung fein (DA) ||
           Zähler_anzeigen (DA)
                /* DB: Manuelle Justage ;   DF: Zähler */
           or   automatische_Justage
            Automatische Justage für Kollimator Tilt und Beugung fein (DA) ||
           Zähler_anzeigen (DA)
               /* DB: Manuelle Justage ;   DF: Zähler */
     Feinjustage_der_Probe_für_Kollimator_Tilt und_Beugung_fein end

     Ermittlung_abnormaler_Probenverformung_und_Einstellung_auf_das_erste_Belichtungssegm.
          select    Feinjustage_der_Probe_für_Kollimator_Tilt und_Beugung_fein-war-erfolgreich
          or   Feinjustage_der_Probe_für_Kollimator_Tilt und_Beugung_fein-war-nicht-erfolgreich
               Ermittlung_abnormaler_Probenverformung  seq
                    Aufnahme eines ersten Bildes (MA)
                    Aufnahme_eines_weiteren_Bildes
                      iter while weiteres_Bild_nicht_neben_erstem_Bild
                           Manuelle Justage Probe über Beugung fein verstellen (DA) ||
                           Zähler_anzeigen (DA)
                              /* DB: Manuelle Justage ;   DF: Zähler */
                              Foto erstellen (MA)
                              Foto entwickeln (MA)
                              Bilder (Fotos) vergleichen (MA)
                    Aufnahme_eines_weiteren_Bildes   end
                    /* Segmentabstand und  Anzahl ermittelt*/
               Ermittlung_abnormaler_Probenverformung  end

               Einstellung_auf_das_erste_Belichtungssegment  seq
                Manuelle Justage Einstellung auf am weitesten links oder rechts liegendes Segment (DA)
                Zähler_anzeigen (DA)
                     /* DB: Manuelle Justage ;   DF: Zähler */
               Einstellung_auf_das_erste_Belichtungssegment  end
     Ermittlung_abnormaler_Probenverformung_und_Einstellung_auf_das_erste_Belichtungssegm. end

     Anfahren_des_Arbeitspunktes
          select    Anfahren_des_Arbeitspunktes_halbautomatisch
            Manuelle Justage Anfahren auf gewünschte Flanke und Teilintensität (DA) ||
           Zähler_anzeigen (DA)
                /* DB: Manuelle Justage ;   DF: Zähler */
          or   Anfahren_des_Arbeitspunktes_automatisch
               /* Anfahren zu späterem Zeitpunkt */
     Anfahren_des_Arbeitspunktes end

     Topographie-Parameter_einstellen seq
          Topographie-Parameter_einstellen (DA)
          /* DB: Einstellungen Topographie */
    Topographie-Parameter_einstellen end

    Topographie-Start_und_Kontrolle seq
          Topographie-Start_und_Kontrolle (DA)
          /* DB:Topographie */

         Topographie-Parameter_einstellen
           select    Button: _Einstellungen
                Topographie-Parameter_einstellen /* beschränkte Möglichkeiten */
                     /* DB: Einstellungen Topographie */
          Topographie-Parameter_einstellen end

          Anfahren_des_Arbeitspunktes_automatisch
           select  Button:_Startposition_einstellen
                    Belichtungsart
                       select   Einfachbelichtung
                            Topographie- autom._Anfahren_des_Arbeitspunktes
                              /* DB:Topographie;  Button: Startposition einstellen */
                         or   Mehrfachbelichtung
                            Topographie-autom._Anfahren_des_Startpunktes
                               /* DB:Topographie;  Button: Startposition einstellen */
                    Belichtungsart   end
         Anfahren_des_Arbeitspunktes_automatisch end

         Topographie-Regelung  /* ist noch zu überarbeiten */
           select   Button:_Regelung_starten
                Topographie-Regelung
                     /* DB:Topographie */
                    Topographie-Regelung
                     iter while nicht_Topographie_stoppen /*Button: Regelung stoppen */
                              Topographie-Parameter_einstellen
                               select     Button:_ Einstellungen
                                   Topographie-Parameter_einstellen /* beschränkte Möglichkeiten */
                                        /* DB: Einstellungen Topographie */
                              Topographie-Parameter_einstellen end
                     Topographie-Regelung end
          Topographie-Regelung end

     Topographie-Start_und_Kontrolle end

     Topographie-Auswertung_der_Aufnahme seq
          Topographie-Entwicklung_der_Aufnahme (MA)
          Topographie-Auswertung_der_Aufnahme (MA)
    Topographie-Auswertung_der_Aufnahme end

Topographie_Gesamtvorgang  end