Anforderungsspezifikation

Pflichtenheft "Automatische Justage"


Pflichtenheft: RTK-Steuerprogramm
Funktion: Topographiefunktion "Automatische Justage"
Dokumentversion: 1.1 (Mai 2000)
Dokumentstatus: abgeschlossen
 


Gliederung:

  1. Aufgabe
  2. Anwendungsszenario
  3. Funktionsbeschreibung
  4. Eingaben
  5. Voreinstellungen
  6. Anhang

Allgemein

Die automatische Justage soll Teil des Steuerprogramms zur Röntgentopographie werden. Sie ist als eigenständige Funktion zu implementieren und muß als Menüpunkt aufrufbar sein.
 

1. Aufgabe

Mit der Steuerprogrammfunktion "Automatische Justage" soll der Vorgang der Probenjustierung für die Topographie von der Steuersoftware durchgeführt werden. Nachdem vom Benutzer über den Dialog "Manuelle Justage" die Probe soweit eingestellt wurde, daß der Bragg-Reflex für einen Bereich der Probe gefunden wurde, wird der weitere Ablauf der Justage vom RTK-Programm übernommen.
Die automatische Justage muß den Probenteller mit der Kristallprobe durch Ansteuerung der Antriebsachsen "Tilt" und "Beugung fein" so positionieren, daß die Röntgenstrahlung, die mittels der Motorachse "Kollimator" in ihrer Ablenkung beeinflußt wird, die Probe komplett mit der höchstmöglichen Strahlungsintensität ausleuchtet. In diesem Fall ist die Bragg-Bedingung global über der gesamten Meßprobe erfüllt und der Peak eingestellt.
Die charakteristische Halbwertsbreite für die zu justierende Probe sollte dann möglichst klein sein. Die Güte der Justage läßt sich durch diese Größe angeben.
 

1.1 Mußkriterien


Die Funktion "Automatische Justage" muß als gesonderter Menüpunkt unter dem Menü Ausführen erscheinen. Die Aktivierung des Menüpunktes ruft einen Dialog auf, der zur Steuerung der automatischen Justage dient.

Vor dem Start der automatischen Funktion muß geprüft werden, ob die Antriebe, die für den Justageprozeß angesteuert werden müssen, korrekt vom System eingerichtet wurden. Außerdem muß kontrolliert werden, ob der 0-dimensionale Röntgendetektor funktionsbereit ist.

Es wird gefordert, daß die Justage durch die neu implementierte Programmfunktion zuverlässig und in angemessener Zeit ein Ergebnis liefert. Als Zeitrahmen wird ein Richtwert von 30 Minuten angesetzt.

Zur Beeinflussung des Justageverhaltens sollen dem Nutzer Parameter angeboten werden, die unter anderem angemessene Abbruchkriterien darstellen. Diese sollen verhindern, daß das Steuerprogramm auch dann noch läuft, wenn durch weitere Änderung der Probenstellung oder der Kollimatorkrümmung keine Verbesserung des Justageergebnisses absehbar ist.

Es wird weiterhin verlangt, daß im Dialogfenster die anzusteuernden Intervalle der am Justageprozeß beteiligten Achsen eingrenzbar sein sollen. Werden diese vom Benutzer nicht verändert, müssen angemessene Werte als Voreinstellung eingesetzt werden.

Bei der Ansteuerung der Motoren sind die Softwareschranken einzuhalten. Das bedeutet, daß die automatische Justage nur im Rahmen der durch den Meßplatz vorgegebenen Winkelintervalle durchgeführt werden darf. Andernfalls könnte die Apparatur durch das Anfahren ungültiger Postionen beschädigt werden.

Während der automatischen Justage ist von der Programmfunktion ein Statusfenster darzustellen, in dem der Benutzer darüber informiert wird, in welchem Stadium sich der Prozeß befindet. Da der 0-dimensionale Detektor nur maximal 100000 Röntgenstrahlungsimpulse pro Zeiteinheit registrieren kann, muß durch die Programmfunktion bei Überschreitung der Zählrate ein entsprechender Warnhinweis mit der Aufforderung, die Leistung des Röntgenapparats zu verringern, ausgegeben werden. Die Justage muß an dieser Stelle abgebrochen werden.

Zum Dialog der automatischen Justage soll eine Hilfefunktion vorhanden sein, die die zu verändernden Parameter erläutert.
 

1.2 Wunschkriterien


Es sollte die Möglichkeit bestehen, daß Parameter, die z.B. Eigenschaften der Probe betreffen, vom Benutzer an die Programmfunktion übergeben werden können.
Hier wären allgemeine Angaben zur Krümmung der Probe (konvex oder konkav), aber auch genaue Werte der Probenkrümmung denkbar. Diese Informationen könnten während der automatischen Justage zur Verkürzung des Optimierungsprozesses herangezogen werden und auch dazu dienen, den Kollimatorkristall schon von vornherein nur in die erforderliche Richtung zu krümmen. Dadurch könnte dann verhindert werden, daß der Halbleiter durch Anfahren positiver und negativer Krümmungswinkel übermäßig beansprucht wird.

Das Protokollieren des Justagevorgangs sollte ebenfalls möglich sein. Die einzelnen angefahrenen Motorpositionen mit den dazugehörigen gemessenen Röntgenstrahlungsintensitäten werden dazu in einer Protokolldatei abgespeichert. Der Benutzer bestimmt selbst, ob die Optimierung protokolliert wird.

2. Anwendungsszenario

Es folgt eine Darstellung des Funktionsverhaltens aus Benutzersicht.

Der Anwender wählt aus dem Hauptmenü des RTK-Steuerprogramms den Punkt Ausführen/Automatische Justage... aus. Dadurch wird der Dialog "Automatische Justage" gestartet. Wenn die für die automatische Justage notwendigen Antriebe oder der 0-dimensionale Detektor vom Hauptprogramm nicht korrekt initialisiert wurden, wird im Textfeld des Dialogs eine entsprechende Meldung ausgegeben und der "Start"-Button deaktiviert. In diesem Fall ist es nicht möglich, eine Justage durchzuführen.

Andernfalls können die Voreinstellungswerte der Dialogparameter verändert werden. So ist es möglich, Abbruchkriterien wie die Anzahl der Wiederholungen festzulegen, die Such-Intervalle für die Justageachsen einzustellen oder zu bestimmen, ob die Justage in einer Log-Datei protokolliert werden soll. Um eine Erläuterung zu den einzelnen Parametern zu erhalten, kann der Hilfe-Button gedrückt werden.

Durch Aktivierung des Start-Buttons wird der Vorgang der automatischen Justage gestartet. Der Prozeß läuft selbständig ab, so daß der Anwender während der Optimierung nicht mehr einzugreifen braucht. Die Justage ist bei Erreichen des Maximums der Strahlungsintensität, im Fall des Eintretens einer vom Benutzer festgelegten Abbruchbedingung (z.B. der Anzahl der Wiederholungen) oder bei Überschreitung der zulässigen Zählimpulse für die Strahlung beendet.

Der Dialog kann durch Drücken des "Beenden"-Buttons verlassen werden. Wurde die Justage erfolgreich abgeschlossen, läßt sich die Güte der Optimierung anhand des Wertes der Halbwertsbreite beurteilen. Die Halbwertsbreite kann über den Menüpunkt Ausführen/Manuelle Justage... und anschließendes Drücken des Steuerknopfes "Halbwertsbreite messen" bestimmt werden.
 
 

3. Funktionsbeschreibung


Um die Funktionsweise der automatischen Justage zu erläutern, ist es notwendig, daß die Vorgehensweise der manuellen Justage noch einmal kurz rekapituliert wird. In der folgenden Abb. ist der Vorgang schematisch dargestellt.
 


 

Die automatische Justage umfaßt nur die Schritte des iterativen Justageprozesses, also diejenigen Schritte, die die Achsen "Tilt", "Beugung fein" und "Kollimator" verändern.

Nach Eingabe der Dialogparameter optimiert die Funktion automatisch die Lage der Kristallprobe zur Röntgenstrahlung. Dazu wird zuerst der Antrieb "Kollimator" so justiert, daß ein maximaler Intensitätswert im Röntgendetektor gemessen wird. Mit "Beugung fein" wird so nachgeregelt, daß die Strahlungsintensität nicht abfällt. Im darauf folgenden Optimierungsschritt wird die Achse "Tilt" verstellt, bis die Strahlung ein weiteres Maximum erreicht. Der Antrieb "Beugung fein" dient wiederum zur Nachregelung.

Der gesamte Prozeß besteht aus der Wiederholung dieser beiden Schritte. Nach jedem Durchlauf werden die Abbruchkriterien getestet und die Justage wird gegebenenfalls beendet. Im Fehlerfall wird eine entsprechende Nachricht für den Nutzer generiert.
 
 

4. Eingaben


Der Benutzer kann im Dialog "Automatische Justage" folgende Parameter zur Steuerung der Funktion verändern:

Außerdem hat der Anwender die Möglichkeit, durch einen Schalter anzugeben, ob die Justage protokolliert werden soll oder nicht.

Zum besseren Nachvollziehen der Gestaltung des Dialogfensters sei auf den Anhang dieses Pflichtenheftes verwiesen, in dem eine Abbildung des Dialogfensters zu finden ist, das anhand der anschließenden Anforderungen entworfen wurde.

Die einzelnen Optionen werden im folgenden näher erläutert.
 

4.1 Protokolldatei


Bei Auswahl dieser Option werden alle wichtigen Informationen der automatischen Justage in die Protokolldatei justage.log geschrieben. Diese Datei befindet sich im selben Verzeichnis wie das RTK-Programm. Sollte sie noch nicht existieren, wird die Datei neu erstellt. Ansonsten wird die Logdatei mit jeder Neuausführung der automatischen Justage sukzessive verlängert, wobei jede Justage mit Datum und Uhrzeit protokolliert wird. Das Log enthält die von den Antrieben angefahrenen Positionen mit den an diesen Stellen gemessenen Strahlungswerten und Angaben über das jeweilige Stadium des Justageprozesses. Im Dialogfenster wurde diese Option mit "Logdatei" benannt (siehe Anhang dieses Pflichtenheftes).

Ist die Checkbox aktiviert, wird die Protokolldatei geschrieben.
 

4.2 Wiederholungen


Die Anzahl der Wiederholungen gibt an, wie oft die Schritte des iterativen Prozesses durchlaufen werden. Da es keinen geeigneten Nachweis dafür gibt, ob es sich bei einer bestimmten Kristallprobenstellung um den Peak handelt, müssen andere Abbruchverfahren angewendet werden. Eine Möglichkeit ist die Annahme, daß nach einer bestimmten Anzahl von Durchläufen der Peak erreicht wird bzw. sich in unmittelbarer Umgebung befindet. Ist die Justage nach Erreichen der Wiederholungen nicht erfolgreich, ist vom Anwender ein höherer Wert zu wählen. Im Dialogfenster wurde für diesen Parameter die Bezeichnung "Durchläufe" gewählt (siehe Anhang dieses Pflichtenheftes).

Angemessene Werte für den Parameter können erst später durch entsprechende Testläufe in der Praxis festgelegt werden.
 

4.3 Maximale Intensitätsdifferenz


Die maximale Intensitätsdifferenz gibt an, um wieviel kleiner die Intensität im Vergleich zum vorherigen Durchlauf sein darf. Ist diese Intensitätsschranke unterschritten, wird zum letzten maximalen Intensitätspunkt aus dem vorherigen Durchlauf zurückgekehrt und die automatische Justage beendet. Damit existiert ein weiteres Abbruchkriterium. Darüber hinaus kann es passieren, daß der Algorithmus zwischenzeitlich durch Meßfehler verursachte Abweichungen von der Maximalrichtung ansteuert. Diese Äusreißer" sollen durch die Prüfung der Intensitätsdifferenz erkannt werden.

Die Prüfung der maximalen Intensitätsdifferenz kann separat aktiviert werden. Eine Angabe für den Wertebereich der Differenz wird beim praktischen Funktionstest ermittelt.
 

4.4 Suchbereich


Der Suchbereich gibt an, in welchen Intervallgrenzen der Peak auf den einzelnen Achsen gesucht werden soll und bezieht sich auf die Stellung der Motoren zu Beginn der automatischen Justage. Das Programm testet, ob diese Such-Intervalle die Softwareschranken der Motoren überschreiten. Ist dies der Fall, werden die Grenzen intern angepaßt, so daß die Motoren nicht über die Schranken gefahren werden. Die Werte des Suchbereichs geben die Grenzen zu beiden Richtungen an und sind für jeden an der Justage beteiligten Antrieb ("Beugung fein", "Tilt", "Kollimator") anzugeben.

Die Wertebereiche müssen beim späteren Test der Funktion anhand verschiedener Proben entsprechend ermittelt werden.
 
 

5. Voreinstellungen


Die Voreinstellungen der Dialogparameter (Defaultwerte) müssen in einer ausgedehnten Testreihe am RTK-Arbeitsplatz ermittelt werden. Dazu sind mehrere Proben aus unterschiedlichen Probenklassen zu untersuchen, um ausreichende Erfahrungswerte zu sammeln. Die Forderung besteht darin, Werte zu ermitteln, bei denen die automatische Justage ohne Änderung der Parameter gute Ergebnisse für einen Großteil der untersuchten Halbleiterkristalle liefert.
 
 

Anhang


Zur Veranschaulichung soll hier bereits das Dialogfenster, wie es als Produkt der Anforderungen entworfen wurde, gezeigt werden. Gemäß den Richtlinien zur Erstellung eines Pflichtenheftes (siehe Balzert) sind grafische Entwürfe von Benutzerschnittstellen normalerweise nicht vorgesehen.